Gestern haben wir geklärt, wie es zu so einer Situation kommen kann, jetzt gehts mit einer Anleitung weiter, was du machen solltest, wenn du betroffen bist.
Was tun, wenn du mit Nacktbildern/Nacktvideos erpresst wirst?
1. NICHT bezahlen!
Die Erfahrungen zeigen, dass das Bezahlen nicht vor der Veröffentlichung schützt. Ganz im Gegenteil, es folgen danach weitere Forderungen und die Erpressung endet nicht!
2. Kontakt abbrechen
Den Chat oder Videochat direkt beenden. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass Bitten, Drohen, Argumente oder Diskussionen die Erpresser von ihrem Vorhaben nicht abbringen können.
Lasse dich keinesfalls zu weiteren sexuellen Handlungen vor der Kamera erpressen! ABER: Sichere noch Beweise und mach z. B. Screenshots vom Erpressungschat.
Oft versuchen die Erpresser durch immer neue Drohungen Druck auszuüben. Das Beenden des Kontakts bietet dir auch einen Schutz vor diesen weiteren Drohungen.
3. Melden der veröffentlichten Nacktbilder/Nacktvideos bei der Onlineplattform
Wurden Nacktbilder oder -videos von dir bereits auf einer Onlineplattform veröffentlicht, z. B. in einer Instagramgruppe, dann empfiehlt es sich, das veröffentlichte Material direkt bei der Plattform zu melden, damit es gelöscht wird.
Wähle dazu, sofern verfügbar, bei dem veröffentlichen Inhalt die Möglichkeit einer rechtswidrigen Meldung nach dem KoPl-G (Kommunikationsplattformengesetz).
Dieses KoPl-G schreibt den großen Onlineplattformen vor, dass sie Inhalte, die in Österreich strafbar sind, innerhalb von 24 Stunden löschen müssen, bei zweifelhaften Fällen haben die Plattformen jedoch 7 Tage Zeit, um die gemeldeten Inhalte zu prüfen.
Der Vorteil einer Meldung nach dem KoPl-G ist, dass die gemeldeten Inhalte meistens schneller überprüft und damit auch schneller gelöscht werden.
Eine Anleitung zum Melden von Inhalten findest du im Hilfebereich der jeweiligen Onlineplattform.
4. Eine Veröffentlichung der Nacktbilder/Nacktvideos verhindern
Es gibt 2 Tools, die eventuell eine Veröffentlichung der Nacktbilder/Nacktvideos auf bestimmten Onlineplattformen verhindern können:
„Take it down“ für Personen unter 18 Jahre, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen: Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Pornhub, Clips4Sale, Yubo, Snapchat, Threads und Redgifs.
„Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing“ für Personen ab 18 Jahren, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen: Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Bumble, Reddit, Snapchat, Pornhub und Threads.
Wie funktionieren diese Online Tools?
Zur Nutzung dieses Service musst du keine Bilder oder Videos von dir hochladen, allerdings ist es erforderlich, dass du die Bilder oder Videos noch irgendwo gespeichert hast.
Wenn du dieses Service nutzen willst, wird ein digitaler Fingerabdruck von deinem Foto oder Video auf deinem Gerät erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht deine intimen Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern.
Die Nacktbilder oder Nacktvideos bleiben auf deinem Gerät und werden selbst nicht hochgeladen. Das Service funktioniert bei Anwendungen, die keine „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ aufweisen.
5. Erpresserprofil bei der Onlineplattform melden und dann blockieren
Es ist günstig diese Reihenfolge einzuhalten, denn manchmal ist es nicht möglich, das Profil zu melden, wenn du es schon blockiert hast.
Indem du das Erpresserprofil meldest, kannst du auch andere Personen schützen.
6. Google Alert einstellen
Geh dazu auf Google Alert und gib dort den Namen bzw. deinen Profilnamen ein, den die Erpresser von dir kennen.
Dann bekommst du eine Benachrichtigung, wenn etwas im Internet mit deinem Namen neu hochgeladen wird, z. B. eben das Erpressungsvideo.
7. Anzeige erstatten
Wenn du willst, kannst du eine Anzeige bei der Polizei gegen den Erpressungsversuch erstatten. Dafür ist es günstig, wenn du Screenshots vom Erpressungsversuch und den Profilnamen des Erpressers mitnimmst.
Überlege, welche erwachsene Vertrauensperson dich bei der Anzeige unterstützen kann.
Auch wenn durch eine Anzeige, die Täter nicht immer ausgeforscht werden können, kann eine Anzeige helfen, ein Bewusstsein in der Gesellschaft und bei den Behörden zu schaffen, dass es sehr viele Betroffene von dieser Erpressungsfalle gibt.
Werden die Bilder oder Videos bei Sextortion wirklich veröffentlicht?
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass man nicht ganz genau sagen kann, ob die Erpresser die Bilder oder Videos tatsächlich veröffentlichen oder weiterschicken.
Ob das passiert, kann man nicht wirklich beeinflussen. Weder das Bezahlen der Geldforderung noch Verhandeln, Diskutieren oder Drohen schützt vor einer Veröffentlichung.
Die gute Nachricht: Online-Plattformen löschen derartige Bilder und Videos sehr schnell, wenn sie darauf aufmerksam werden.
Wie kannst du mit einer möglichen Veröffentlichung von Nacktbildern umgehen?
Keine Frage, die Tatsache einer möglichen Veröffentlichung erscheint im ersten Moment ziemlich beunruhigend. Hilfreich kann sein, sich bewusst zu machen, dass man nicht der Einzige ist, dem das passiert ist.
Es ist davon auszugehen, dass es weit über 1000 Betroffene allein in Österreich in den letzten Jahren gegeben hat. Vielleicht hilft es dir auch zu erfahren, wie andere damit umgegangen sind.
Das Forum ScamSurvivors bietet genau diese Möglichkeit. Dort kannst du mitlesen, was z. B. anderen Betroffenen geholfen hat und dich mit ihnen austauschen.
Zu überlegen, wem du dich anvertrauen könntest, kann entlastend sein. Auch wenn es Überwindung kostet, z. B. einem guten Freund davon zu erzählen, fühlt es sich oft besser an, Belastendes zu teilen.
In vielen Fällen bekommt man mehr Verständnis und Unterstützung von Freunden, als man erwartet hätte.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dir schon vorab überlegst, wie du reagieren willst, falls du von jemanden auf das Video angesprochen wirst. So kannst du dich für so einen Fall vorbereiten und das Ganze wird für dich kontrollierbarer.
Du könntest z. B. mit einer selbstbewussten Haltung sagen, dass du auf eine internationale Erpresserbande reingefallen bist, wie auch schon viele andere junge Männer und Frauen in Österreich und die Person melden.
Du kannst dabei aber auch selbst entscheiden, was oder wie viel du erzählen magst. Eine andere Möglichkeit ist z. B. zu sagen, dass es gar kein echtes Bild von dir ist, sondern eine Fotomontage oder ein mit KI generiertes Bild oder Video.
Schütze dich!
Das Internet ist eine tolle Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und nette Leute kennenzulernen. Unter den netten Leuten gibt es im Netz aber auch einige Personen, die dich abzocken wollen.
Ein gewisses Grundmisstrauen im Internet gegenüber anderen Personen kann sich lohnen.
✅ Tipps
- Wenn dich jemand, den du erst kurz aus dem Internet kennst, sehr schnell zu einem Videochat überreden möchte, ist das meist ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Anders, als wenn du mit jemanden in einen Sex-Chat gehst, den du gut kennst.
- Gehst du darauf ein, dann schalte deine Webcam später ein, als dein Chatpartner.
- Denk dran, alles, was du vor der Webcam machst, kann der oder die andere aufzeichnen bzw. Screenshots davon machen.
- Wenn sich dein Chatpartner gleich auszuziehen beginnt, sollten sich alle deine Alarmsignale einschalten, und du solltest den Chat sofort beenden bzw. in keinem Fall den Aufforderungen folgen, dich selbst auszuziehen, wenn deine Webcam an ist!
- In den Privatsphäre-Einstellungen der Onlineplattformen kannst du festlegen, wer aller deine Inhalte und Freundeslisten sehen kann. Du kannst dich besser schützen, wenn du deine Informationen nicht allen Personen öffentlich zugänglich machst.
Quelle
mit freundlicher Genehmigung von Rat auf Draht
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